Versorgungssicherheit der Stromnetze trotz fortschreitender Elektrifizierung – Modellentwurf eines zellularen Energiesystems
Elektrifizierung weiterer Lebens- und Arbeitsbereiche bedeutet Ersatz der bisher mit fossilen Energieträgern angetriebenen Prozesse und Verfahren in den Sektoren Energieerzeugung, Gebäude, Verkehr und Industrie. Strom, der zukünftig dezentral erzeugt wird, kann nur über funktionierende Netze weiterhin die Grundlage unseres Wohlstandes bilden. Diese Transformation kann jedoch nur durch den intelligenten Einsatz der zur Verfügung stehenden elektrischen Energie gelingen.
Die Aufgabe des Stromnetzes ist es, die Energie vom Erzeuger zum Verbraucher zu leiten. Beim Ersatz der bisherigen Großkraftwerke durch kleine dezentrale Einheiten wird das Stromnetz durch die Volatilität der Erzeugung einer höheren Belastung ausgesetzt. Die Stabilität der Netze konnte bisher durch den flexiblen Einsatz dieser Kraftwerke und Steuermechanismen wie den Lastabwurf aufrechterhalten werden. Durch den weiteren Zubau von rd. 4 Mio. Erzeugereinheiten bis 2030 und den Rückbau der zentralen Kraftwerke ist ein strukturelles Umdenken erforderlich.
In diesem Beitrag wird ein Modell beschrieben, nach dem die zur Verfügung stehende elektrische Energie so eingesetzt wird, dass die ‚Energiewende‘ gelingen kann und die Stabilität der Netze gewährleistet bleibt.
Je nach Effizienzgrad ist ein Gebäude ein teilautonomer Akteur und Schnittstelle in der Sektorenkopplung Energie, Wärme- und Kälteleistungen sowie Verkehr. Im Idealbild eines zellularen Energiesystems läuft der gesamte Energiefluss – Erzeugung, Speicherung, Umwandlung und Verbrauch – digital überwacht und gesteuert mit einem hohen Autarkiegrad innerhalb dieser zentralen Einheit ab.
Ein Gebäude kann nach diesem theoretischen Modell dauerhaft quasi autark existieren. So entstehen dann z. B. ein energetisch plausibler Quartiersansatz und durch den Verbund benachbarter Zellen ein schlüssiger kommunaler Ansatz.
Im günstigsten Fall steht lediglich ein Energieträger aus einer regenerativen Quelle zur Verfügung. Ein zellulares Energiesystem mit der Chance auf einen hohen Autarkiegrad benötigt neben der Stromerzeugung mindestens eine weitere Energiequelle, Energiesenken, Energiewandler und Energiespeicher. Über die einfachste Simulation lässt sich der energetische Wert der zellularen Einheit darstellen. Es lassen sich so Fragen nach dem notwendigen Energiebezug aus dem Netz oder dem Zuwirken elektrisch betriebener Fahrzeuge am Nutzungsgrad der eigenen Energieversorgung beantworten. Ein hoher Nutzungsgrad der eigenerzeugten elektrischen Energie reduziert somit die Frequenz des Netzbezuges und der Netzeinspeisung sowie auch der Energiemenge und entlastet damit die Netze auf lokaler Ebene und trägt zur Versorgungssicherheit bei.
In einer weiter skalierten Simulation kann dieses Modell auf jedes beliebige Bestands-gebäude projiziert werden. Gebäude mit einer geringen Energieeffizienz werden durch den zellularen Verbund, z. B. zu einem Quartierskonzept, derart eingebunden, dass ein klimaneutraler Betrieb möglich ist.
Wesentliche Innovationssprünge sind hierzu nicht erforderlich. Dieser Modellansatz beruht auf der konsequenten Umsetzung der bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten und der Implementierung smarter Energiemanagementsysteme. Damit lassen sich Erzeugereinheiten, Energiespeicher und Nutzereinheiten so einsetzen, dass der Transformationsprozess unseres Energiesystems gelingt.